Das Osterlamm hat einen Namen, Günter Grass

Der Aufschrei war zu erwarten, von den ewig Gestrigen, die sich als Moralapostel aufspielen und die Vergangenheit wie ein Mahnmal all denen empor halten, die kritisch das Treiben und die Kriegshetze im Nahen Osten seit Jahren mitverfolgen.

Und gerade die, die am lautesten schreien und Günter Grass auf die Schlachtbank treiben, machen sich seit Jahren der Kriegsverbrechen schuldig an den semitischen Arabern und legitimieren ihre Verbrechen durch den 11. September 2001. Günter Grass ein Antisemit ? Nein, wohl eher ein Mahner für all diejenigen, die aus der Vergangenheit nichts lernen wollen und Krieg und Waffenlieferungen immer noch als legitimes Mittel für Frieden betrachten. Wenn Krieg wirklich Frieden bringen würde, dann hätten wir ihn schon seit tausenden von Jahren.

Die Debatte um das Gedicht von Günter Grass zeigt nur, dass hier, wie so oft, reflexartig reagiert wird, aus einem Schuldgefühl heraus, welches uns Kindern schon in der Grundschule indoktriniert wurde. Und nur deshalb ist es auch möglich, dass niemand die nachfolgende Unverschämtheit eines Henryk M. Broder in der Zeitung “die Welt” anprangert, sondern lieber wird unterwürfig und feige ein Günter Grass öffentlich in fast allen deutschen Medien demontiert.

…Die Deutschen werden den Juden nie verzeihen, was sie ihnen angetan haben. Damit im Nahen Osten endlich Frieden einkehrt und auch Günter Grass seinen Seelenfrieden findet, soll Israel “Geschichte werden”. So sagt es der iranische Präsident, und davon träumt auch der Dichter beim Häuten der Zwiebel…

Darauf kann ich nur erwidern, die Juden werden den Deutschen nie verzeihen, was sie ihnen angetan haben. Doch Vergebung ist der erste Schritt zum Frieden und für Völkerverständigung und nur dann ist es auch möglich eine Kritik als freundschaftlichen Rat aufzunehmen und nicht, ein ganzes Volk jahrzehntelang als Antisemiten zu denunzieren, um damit die eigenen Gräueltaten zu verschleiern.

Denn das ist nicht nur eine Beleidigung an meine und nachfolgende Generationen, die weder Antisemiten sind und auch keinerlei Schuld auf sich geladen haben, da wir den Krieg nicht miterlebt und schon gar nicht gewollt haben, sondern unterstellt auch, dass nachfolgende Generationen für dumm verkauft werden, weil sie angeblich nichts aus der Vergangenheit gelernt haben. Aber das haben wir nur, wenn wir zu den Kriegen  im Nahen Osten, der Apartheitspolitik gegenüber den Palästinensern und den vom Westen geführten antisemitischen Kriegen, gegen die arabischen Völker, weiterhin schweigen und das muss einmal gesagt werden.

 

WAS GESAGT WERDEN MUSS
Günter Grass in der Sueddeutschen

Warum schweige ich, verschweige zu lange, 

was offensichtlich ist und in Planspielen

geübt wurde, an deren Ende als Überlebende

wir allenfalls Fußnoten sind.

Es ist das behauptete Recht auf den Erstschlag,

der das von einem Maulhelden unterjochte

und zum organisierten Jubel gelenkte

iranische Volk auslöschen könnte,

weil in dessen Machtbereich der Bau

einer Atombombe vermutet wird.

Doch warum untersage ich mir, 

jenes andere Land beim Namen zu nennen, 

in dem seit Jahren – wenn auch geheimgehalten –
ein wachsend nukleares Potential verfügbar

aber außer Kontrolle, weil keiner Prüfung

zugänglich ist?

Das allgemeine Verschweigen dieses Tatbestandes, 

dem sich mein Schweigen untergeordnet hat,

empfinde ich als belastende Lüge

und Zwang, der Strafe in Aussicht stellt,

sobald er mißachtet wird;

das Verdikt “Antisemitismus” ist geläufig.

 

Jetzt aber, weil aus meinem Land, 

das von ureigenen Verbrechen,

die ohne Vergleich sind,

Mal um Mal eingeholt und zur Rede gestellt wird,

wiederum und rein geschäftsmäßig, wenn auch

mit flinker Lippe als Wiedergutmachung deklariert,
ein weiteres U-Boot nach Israel

geliefert werden soll, dessen Spezialität

darin besteht, allesvernichtende Sprengköpfe

dorthin lenken zu können, wo die Existenz 

einer einzigen Atombombe unbewiesen ist,

doch als Befürchtung von Beweiskraft sein will,

sage ich, was gesagt werden muß.

Warum aber schwieg ich bislang?

Weil ich meinte, meine Herkunft,

die von nie zu tilgendem Makel behaftet ist,

verbiete, diese Tatsache als ausgesprochene Wahrheit

dem Land Israel, dem ich verbunden bin
und bleiben will, zuzumuten.

Warum sage ich jetzt erst,

gealtert und mit letzter Tinte:

Die Atommacht Israel gefährdet

den ohnehin brüchigen Weltfrieden?

Weil gesagt werden muß,

was schon morgen zu spät sein könnte;

auch weil wir – als Deutsche belastet genug –
Zulieferer eines Verbrechens werden könnten, 

das voraussehbar ist, weshalb unsere Mitschuld

durch keine der üblichen Ausreden

zu tilgen wäre.

Und zugegeben: ich schweige nicht mehr, 

weil ich der Heuchelei des Westens

überdrüssig bin; zudem ist zu hoffen, 

es mögen sich viele vom Schweigen befreien,

den Verursacher der erkennbaren Gefahr

zum Verzicht auf Gewalt auffordern und

gleichfalls darauf bestehen,

daß eine unbehinderte und permanente Kontrolle

des israelischen atomaren Potentials

und der iranischen Atomanlagen

durch eine internationale Instanz

von den Regierungen beider Länder zugelassen wird.

Nur so ist allen, den Israelis und Palästinensern,

mehr noch, allen Menschen, die in dieser

vom Wahn okkupierten Region

dicht bei dicht verfeindet leben

und letztlich auch uns zu helfen.

 

Weitere Infos und Quellen:

Scheinheilige Gesellschaft : Was gesagt werden muss

GRASS-GEDICHT ZUM KRIEG

 

Was wirklich gesagt werden muss (Stern)

Grass löst politisches Beben aus (n-tv)

Günter Grass holt gegen Israel aus (Spiegel)

<Zur Startseite>

pixelstats trackingpixel


1 Comment

Leave a Reply