Terror im Jemen? Wir sollten uns schämen!

Bis vor wenigen Jahren zog es noch hunderttausende von Touristen in den Jemen, trotz Stammesfehden, Nord- Südkonflikten und Anschlägen. Doch mittlerweile titelt das Hofblatt der Spiegel: Jemen, das neue Herz des Terrors.

Wirklich? Seit Monaten werden Erdöl- und Gasleitungen in die Luft gesprengt, ohne dass es je einen Schreiberling zum Tintenfass bewogen hätte. Menschenrechte interessierten uns erst, seit die 11-jährige Nada al-Ahdal in einem Youtubevideo darauf aufmerksam machte, dass sie zwangsverheiratet werden soll. Das ist jetzt drei Wochen her. Und, wie ist der Stand der Dinge jetzt? Niemanden interessiert es mehr. Oder wer weiss schon, dass im Jemen Genitalverstümmelungen bei Frauen durchgeführt werden?

Aber es regt sich auch niemand darüber auf, dass die USA die Menschenrechte nicht nur im Jemen verletzen. Innerhalb von zwei Wochen kosteten sechs Drohnenangriffe der USA 31 Menschen das Leben. Seit 2009 flogen die USA 87 Drohnenangriffe im Jemen. Alles mutmassliche Terroristen, ganz sicher war man sich zwar nicht, weshalb auch Zivilisten gleich mit ermordet wurden, zur Sicherheit eben. Anlass war ein abgehörtes Telefonat, an dem sich neben der Al Qaeda-Zentrale 20 Alliierte und Ableger der Organisation in weit auseinanderliegenden Gebieten wie Nigeria, Nordafrika, dem Irak, Pakistan, Usbekistan und dem ägyptischen Sinai beteiligt hatten. Im Gespräch habe Aiman az-Zawahri, der Chef der Al Qaeda, den Anführer des jemenitischen Ablegers, Nasser al-Wuhaishi, zum Chef der Gesamtorganisation ernannt und eventuelle Pläne für einen oder mehrere Angriffe besprochen. Aha, eine öffentliche Konferenzschaltung also, in der Attentate geplant und ein neuer Pate ernannt wurde?!

Im vorauseilenden Gehorsam schlossen gleich mehrere westliche Botschaften, aber nicht aus Protest gegen Menschenrechtsverletzungen, sondern mehr aus Angst vor dem Paten aus den USA. Ein ähnliches Szenario spielte sich schon im Jahre 2010 ab, als der französische Innenminister Brice Hortefeux von den Geheimdiensten der wahabitischen Monarchie Saudi Arabien erfuhr, Europa und die USA hätten Terroranschläge zu befürchten. Doch damals wie heute, – nichts geschah.

Wer erinnert sich noch 2009 an den 23 jährigen Nigerianer Umar Farouk Abdulmutallab der zuviel Sprengstoff in der Hose hatte, welches er im Jemen gekauft und von dort über Lagos, Amsterdam nach Detroit eingeflogen hatte? Ohne gültiges Visum, vorbei an allen Sicherheitskontrollen über vier Länder mit Sprengstoff in der Hose? Komisch nur, dass sich kein Zünder am Sprengstoff befand. Komisch auch, dass die Geheimdienste schon Tage vorher informiert waren und Umar Farouk denoch reisen liessen. Dummheit, ein Versehen, oder ein Verwirrter der durch die Geheimdienste rekrutiert wurde? Ängste, geschürt durch paranoide Terrorbotschaften verblassen schnell und müssen ständig aufgefrischt werden. Vielleicht auch deshalb das harte Urteil, viermal lebenslänglich plus 50 Jahre?

Vor dem Unterwäsche-Bomber wurde der Konflikt im Yemen von der amerikanischen Öffentlichkeit als Bürgerkrieg gesehen und durch die Beteiligung von Saudi-Arabien dann als regionaler, arabischer Konflikt. Nun ist Yemen Teil des ‘Krieges gegen den Terror’ geworden. Es sieht so aus, als wäre der Unterwäschebomber zur rechten Zeit aufgetaucht, damit die USA eine Ausrede für die Expansion des Krieges in dieser Region haben. Mit den derzeitigen Kriegen in Afghanistan und Irak, würde die amerikanische Bevölkerung keinen weiteren Krieg akzeptieren. So sehen die US-Bürger den Krieg im Yemen als Krieg gegen AlQuaida und somit als notwendig an.

Was ist heute einfacher zu behaupten als, man unterstütze den Jemen im Kampf gegen Al Qaeda? Said Ali al-Shihri wurde 2001 von den Amerikanern aus Afghanistan verschleppt und nach Guantanamo gebracht. 2007 wurde er an die Saudis übergeben, die ihn in ein Rehabilitationsprogramm für Jihadisten steckten. Er entkam und tauchte im Jemen wieder auf. Der Kampf der Amerikaner gegen Al Qaeda ist in Wirklichkeit ein Kampf der Dämonen gegen sich selbst.

Die meisten Guantanamo-Häftlinge stammen aus dem Jemen. Ist das vielleicht der Grund, weshalb sich immer mehr USA-feindliche Gruppierungen im Jemen zusammenrotten? Der damalige, jemenitische Präsident Ali Abdullah Saleh sagte: „Es gibt eine Operationszentrale in Tel Aviv mit dem Ziel, die arabische Welt zu destabilisieren. Diese werde vom Weißen Haus geleitet.“ Neuer Präsident ist nun der amerikafreundlichere Generalmajor Abed Rabbo Mansur Hadi.

Nicht nur in Ägypten und Tunesien gab es einen inszenierten arabischen Frühling, auch im Jemen kehrte schnell der Winter wieder ein. Ein Jahr dauerten die Proteste bis am Ende die Präsidentschaftswahl eines Kandidaten zur Auswahl stand, Generalmajor Abed Rabbo Mansur Hadi. US-Präsident Barack Obama kündigte wenige Tage vor der Wahl in einem Brief an Hadi an, dass die USA ein starker und verlässlicher Partner des Jemen sein werden und bekräftigte zugleich die Hoffnung auf einen politischen Wandel.

Für die USA ist der Jemen strategisch wichtig. Der Golf von Aden verbindet das rote Meer mit der arabischen See und direkt gegenüber liegen Somalia, Dschibuti und Eritrea. Eine wichtige Transportroute für Schiffe aus dem Persischen Golf und eine lebenswichtige Öltransportroute nach Europa. Afrika wird zunehmend wichtiger für die USA und Europa wegen Öl, Gas und seltenen Mineralien. Und wir müssen uns beeilen, denn China, Russland und Indien sind auch schon da und wollen etwas vom fremden Kuchen. Allein deshalb schon ist es wichtig die Konflikte im Land weiter zu schüren, um nach aussen hin den Wohltäter zu mimen, eigene Truppen zu stationieren und westfreundliche Regierungsmarionetten zu installieren.

Terror im Jemen, Terror in Afghanistan. Kein Problem für unsere NATO-Hilfstruppen. Wir ziehen einfach weiter, nachdem wir alles in Schutt und Asche gelegt haben. Aufbauhilfe, Menschenrechte? Fehlanzeige, die Kazai-Dynastie hat sich die Taschen mit unseren Steuergeldern vollgestopft, der Drogenhandel in die EUsa blüht wie seit Jahren nicht mehr und natürlich sind die Rohstofflieferungen und Handelswege gesichert. Dass die Taliban genauso stark sind wie vor unserem Einmarsch ist keine Niederlage, sondern sichert weitere “Freundschaftseinsätze” für die Zukunft.

Und wie war das noch in Libyen? Auch da mussten Menschenrechte verteidigt und ein Diktator, der Jahre lang vom Westen hofiert wurde, vertrieben werden. Saif al-Islam, der Sohn Gaddafis, behauptete: “Die Medien verdrehen die Fakten bei der Libyen-Berichterstattung.“ Zurück blieb ein verwüsteter Staat, die Rebellen ziehen weiter mordend durch das Land, mit westlichen Waffen und Unterstützung. Der Gaddafi-Clan floh ins Ausland oder fiel der Lynchjustiz zum Opfer, Kinder mit eingeschlossen.

Aber am schlimmsten hat es wohl den Irak getroffen, nachdem dort nichts mehr funktioniert, weite Landstriche durch Uranmunition verseucht wurden und die Selbstmordattentate sich verzehnfacht haben, ziehen die US-Schergen weiter. Hauptsache die Öllieferungen sind gesichert. Was Papa Bush nicht schaftte erledigte dann Geoge W. und stürzte die Welt mit in seinen Terror.

Nachdem also überall Frieden herrscht und Al Qaeda eliminiert wurde existiert dummerweise eine weitere Splittergruppe unter vielen: die AQAP. Nein, nicht die Allied Quality Assurance Publications der NATO, sondern die Al-Qaeda in the Arabian Peninsula. Das sind die neu von uns gezüchteten Terroristen im Jemen, in Somalia und Saudi Arabien. Und somit schon eine Qualitätssicherung der NATO für weitere Kriege.

Saudi Arabien? Sind das nicht unsere Freunde? Müssen wir da jetzt in Zukunft auch noch Aufbauhilfe leisten und Menschenrechte verteidigen? Keine Angst, das machen wir bereits seit Jahren. Wir Deutschen sind da sehr gerne behilflich. Sei es durch Ausbildung von Söldnern, dem Bau einer neuen Mauer, oder durch Waffenlieferungen. Alle Maden kommen aus Germany, im Namen der Menschlichkeit.

Aber auch, wenn der grosse Bruder aus Übersee gewisse Handydaten benötigt, um deren Besitzer per Drohnen zu liquidieren, auch dann ist Deutschland sehr hilfsbereit. Man kann es auch ganz unverblümt ausdrücken; der BND hat sich der Beihilfe mehrerer Morde schuldig gemacht. Das was die USA seit Jahren im Jemen und anderswo praktizieren, ohne Anklage und Gerichtsverhandlung, verstösst nicht nur gegen die Menschenrechte und die Souveränität der betroffenen Länder, sondern ist banal ausgedrückt, vorsätzlicher Mord mit deutscher Unterstützung.

Auch wenn der BND versichert, dass eine genaue Zielerfassung mit den gelieferten Handydaten nicht möglich sei, so handelt sich es dabei aber immer noch um die Beihilfe eines Verbrechens geggen die Menschlichkeit laut UN-Konvetionen, die die USA unterzeichnet haben. Zudem ist eine Zielerfassung  durch Handykoordinaten sehr wohl möglich, selbst wenn das Ziel einige hundert Meter verfehlt werden sollte, so wird dieses durch die Drohnenaufklärung wieder ausgeglichen. Aber eine genaue Zielerfassung haben die USA eh nie wirklich interessiert und verbuchten den Tod unschuldiger lapidar als Kollateralschaden.

In welches Land zieht Al Qaeda wohl als nächstes, wenn der Jemen ausgebrannt ist? Oder sollten wir uns lieber fragen, warum zieht Al Qaeda weiter, weshalb lassen die sich nicht aufhalten und zerstören? Ganz einfach, wir sind der Nährboden für Terrorismus, für Al Qaida. Solange wir uns in Angelegenheiten mischen die uns nichts angehen, die uns ja eigentlich früher auch nicht interessiert haben, solange werden wir unsere Feinde selbst heranzüchten. Insbesondere, wenn unser Interesse mehr den Bodenschätzen gilt.

Wir erinnern uns, vor 15 Jahren noch, haben sich Protestanten und Katholiken fast 30 Jahre auf einer europäischen, nördlichen Insel vor England bis aufs Blut bekämpft. Die irren, äh irischen, Glaubenskriege sind immer noch nicht ganz beigelegt und flammten im Januar diesen Jahres kurzzeitig wieder auf.

Mit welchem Recht massen wir uns also an, über den Islam und damit über eine Milliarde Menschen zu urteilen und ihnen unsere verlogenen Werte zu indoktrinieren? Die deutsche Demokratie ist keine siebzig Jahre alt und kapituliert bereits vor dem Diktat des Kapitalismus’ und seinen Oligarchen. Vor fast 25 Jahren haben wir uns auf nicht ganz demokratischem Weg eine weitere Diktatur einverleibt. Ein Überbleibsel davon spielt seit Jahren Bundeskanzlerin.

Amerika verwandelt sich stillschweigend vor aller Augen in einen polizeilichen Überwachungsstaat. Amerikanische christliche Fundamentalisten glauben, dass die Erde erst 3000 Jahre alt ist und stellt Darwins Evolutionstheorie in Frage. Vielleicht waren die Ureinwohner Amerikas ja Dinosaurier, die dann ausgerottet wurden, damit das nächstenliebende Christentum sich auch dort frei entfalten konnte?

Die katholische Kirche hat nach wie vor erheblichen Einfluss auf unsere Gesellschaft und die Politik. Sie hat mehr Menschenleben und Kriege auf dem Gewissen als der Islam seit seinem Bestehen. Auch sollten wir nicht vergessen: Afghanistan, der Irak, Somalia, Libyen oder der Jemen haben uns nicht angegriffen.

Die „humanitären Einsätze“ gegen den Terrorismus sind nichts anderes, als die Weiterführung der Kreuzzüge gegen Andersdenkende. Solange wir Menschen, ganz gleich welcher Rasse oder Religion, unsere Konflikte immer noch versuchen mit Gewalt zu lösen, obwohl doch langsam klar sein muss, dass die seit Jahrtausenden von Jahren geführten Kriege niemals zum Frieden führen können, sonst hätten wir ja Frieden, solange werden wir uns auch nicht vom Tier unterscheiden. Obwohl das Tier uns eigentlich immer überlegen war, denn es würde seine Spezies und diesen Planeten nicht selbst vernichten und schon gar nicht aus Profitgier. So dummgläubig ist nur der Mensch…

 

Weitere Infos und Quellen:

Irakkonflikt

Libyenkonflikt

Yemen Live Blog

Nordirlandkonflikt

Afghanistankonflikt

Merken Sie sich Jemen

Treuhand:Appel und Ei

Jämmerliches im Jemen

Aufbauhilfe Saudi Arabien

Jemen in der Gerüchteküche

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Proteste im Jemen 2011/2012

Amerikanische Fragen zu Jemen

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