Eine App ruiniert die Deutsche Presse

Kaum zu glauben, aber wenn man der Argumentation des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger e. V. (BDZV) folgt, so reicht eine einzige App aus , um einen ganzen Berufsstand in den Ruin zu treiben(1). Genauer gesagt geht es um die Tagesschau-App.

Fatal daran ist nicht, dass es sich eigentlich nur um eine für Mobil-Telefone aufbereitete Webseite handelt, sondern, dass die Nachrichten und Informationen kostenlos zu haben sind.
Und das stösst dem Schreiberling-Kartell ziemlich sauer auf und klagt beim Landgericht Köln über Wettbewerbsverzerrung. (2)

Was sich im Internet als Flop entpuppte, scheint Handynutzer nicht abzuschrecken; für Informationen zu zahlen. Da kann so eine kostenlose App einem schon ganz schön die Suppe versalzen. Dabei geht es den Zeitungsverlagen trotz Internet gar nicht mal so schlecht, 49 Millionen Deutsche über 14 Jahre lesen regelmässig eine Tageszeitung. Das sagte unsere Bundeskanzlerin und spricht sich dennoch für eine Zurückhaltung von ARD und ZDF aus. (3)

Jetzt mal Butter bei de Fische: Die Informationen der öffentlich-rechtlichen Sendeanstalten sind nicht umsonst, sondern werden durch unsere Gebühren finanziert. Auch Internetanschlüsse sind nicht kostenlos zu haben. Und schon einmal hat der BDZV uns Bürgern das Informationsrecht empfindlich beschnitten,  im Sommer 2009, durch das so genannte Depublizieren. Also das Entfernen von Internetseiten der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten, wonach Informationen nicht länger als sieben Tage abrufbereit sein dürfen. (4) Nun, wenn der BDZV  ein “Nippelverbot” als Zensur empfindet, dann sind die oben aufgeführten Aktionen mit Sicherheit nicht anders zu bewerten. (5)

Eine Alternative seitens der Verlage wurde nicht angeboten. Und anstatt innovativ auf die neuen Medien zu reagieren, werden Gelder lieber für Prozesse zum Fenster rausgeschmissen. (5,6)
Dabei wäre es wünschenswerter, wenn man mal wieder verstärkt auf Qualitätsjournalismus achten würde, anstatt einfach nur blindlings Artikel von Nachrichtenagenturen unrecherchiert  a la Copy Paste für teures Geld zu verkaufen.

Unter anderem die Wahrung der Unabhängigkeit gegenüber den staatlichen Organen hat sich der BDZV auf die Fahnen geschrieben. Doch ist er sich nicht zu schade dafür den Staat anzubetteln, wenn es um die Sicherung seiner Pfründe geht. (7) Guter Journalismus, der auch unabhängig von  seinen Sponsoren und Werbeträgern und zudem sich abzusetzen vermag vom wiederkäuenden Mainstream, braucht ein Tagesschau-App mit Sicherheit nicht zu fürchten.

Weitere Infos und Quellen:

Depublizieren (4)

Friedensangebot für die Verleger

Verleger gehen gegen Google vor

Verlage begrüßen Zeitungskiosk bei Apple

Tagesschau-App deckt Verleger-Abzocke auf (1)

Merkel sagt Verlegern Leistungsschutzrecht zu (7)

Merkel fordert Zurückhaltung von ARD und ZDF

Staatsvertrag zwingt zum Löschen von Online-Inhalten

Interview mit Anja Pasquay – der Pressereferentin des BDZV

Bundesinnenminister will strengen Datenschutz im Internet

BGH: Reklameblatt “Einkauf Aktuell” nicht wettbewerbswidrig

Verleger wollen gegen Apples “No Nipple-Policy” klagen – Pressefreiheit in Frage gestellt (5)

Kostenlose Tagesschau App – Der Bundesverband deutscher Zeitungsverleger will das nicht. (2)

Offener Brief an den Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) zum Vorgehen gegen Google (6)

Rede von Bundeskanzlerin Dr. Angela Merkel beim Zeitungskongress des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger e.V. am 19. September 2011 in Berlin (3)

 

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